Ich wollt’ ich wär...
Nein, nicht ein Huhn, obwohl es dafür ja noch einen halbwegs logischen Grund gäbe: Als gackerndes Federvieh hat man eben wirklich außer Eierlegen nichts zu tun. Den Workaholics unter uns käme ein solch abstruser Gedankengang natürlich gar nicht in den Sinn; zudem würden sie sich zweifelsohne fragen, ob Individuen, die behaupten ihr Lebensglück in Gestalt eines faulen Vogels finden zu können, denn wirklich nichts besseres zu tun hätten, als über unerreichbare Ziele auch noch Lieder zu schreiben.
Ich schließe mich der Frage an und stelle die Behauptung auf, es geht noch schlimmer. Tatsächlich weiß ich aufgrund meiner Streifzüge durch entlegene Ecken in den unendlichen Weiten des Internets von Leuten zu berichten, die allerlei alternative Lebensformen – belebt oder unbelebt sei hier dahingestellt, da von wenig Relevanz – wünschenswert zu finden scheinen.
So beispielsweise als Zahnstocher.
Wie, das ist seltsam? Der Reiz des Zahnstocherdaseins ist nicht unmittelbar ersichtlich? Auch beim zweiten Mal hinschauen noch keine Erleuchtung? Also, nur um es mal zu eruieren: Man, und vor allem Frau müsste sich bestimmt nie wieder Sorgen um die Figur machen. Zudem kann so ein spitzes Ende hin und wieder mal nützlich sein, und zu guter Letzt: arbeiten müsste man als Zahnstocher sicher auch nicht mehr als als Huhn. Wenn hier einige meinen, dass es mit einer gewissen Widerwärtigkeit verbunden sein soll, in fremder Menschen Münder ständig die Essensreste abzubekommen – alles Propaganda, üble Verleumdung! Aus der Vehemenz mit der manche, überwiegend Weibliche Internetnutzer darauf bestehen, ein Zahnstocher sein zu wollen, ist doch nur zu schließen, dass das das Non Plus Ultra der Sinnfindung ist. Tausend Idioten können doch schließlich nicht irren, oder?
Aber nicht nur der Zahnstocher kommt in ebenjener entlegenen Ecke zu ungewohnten Ehren. Ein durchaus nicht unähnliches Schicksal ereilte auch jüngst die Wasserflaschen (wobei noch nicht geklärt ist, ob das Dasein als Vittel-Flasche oder als Volvic-Flasche begehrenswerter ist), die Fensterbretter, Regenschirme und sogar den Regen selbst. Es ist natürlich fraglich ob die Verfechterinnen der Fensterbrettheit nicht vielleicht eben dieses Brett vor dem Denkapparat hängen haben... oder ob die Gehirnwindungen der Fläschlerinnen nicht als gehörig durchwässert einzustufen sind. Und Personen, die in ein und demselben Satz behaupten, der Regen und ein Regenschirm sein zu wollen, sollten vielleicht in Betracht ziehen, sich einmal auf multiple Persönlichkeitsspaltung hin gründlichst untersuchen zu lassen. Wenn ich mir vorstelle, mit derartig widersprüchlichen Wunschvorstellungen tagtäglich leben zu müssen – ich glaube dann wär ich doch lieber ein Huhn.
Da ist mir diese eine Person, die ein tatsächlich erreichbares Lebensziel aufstellt, doch gleich viel sympathischer. Und das Ziel?
Der Beruf des Fensterputzers.
Dass die betreffende Person dabei gleich nebst eines Fensterbretts in spe zu finden ist, ist sicher nur ein unglücklicher Zufall.